Barcoding der Schmetterlinge (Lepidoptera) Österreichs
Schmetterlinge zählen mit mehr als 4000 Arten zu den megadiversen Tiergruppen Österreichs. Lediglich 209 Arten gehören zu den Tagfaltern und nur etwa 15% des Artenbestandes sind tagaktiv, die große Mehrzahl somit Nachtfalter. Die Gruppe findet sich in fast allen Lebensraumtypen, und besiedelt unterschiedlichste Waldtypen ebenso wie Grünland. Alle Arten zeichnen sich durch einen komplexen Entwicklungszyklus mit 4 unterschiedlichen Stadien – Ei, Raupe, Puppe und Falter – aus. Die meisten leben im Larvenstadium mehr oder weniger stark spezialisiert von wenigen oder gar nur von einer einzigen Pflanzenart. Aber auch ein räuberisches Verhalten in Ameisennestern ist für einige Arten bekannt. Das Falterstadium nimmt entweder gar keine Nahrung zu sich oder ist auf Nektar verschiedenster Blütenpflanzen, Mineralstoffe im Boden, oder ganz vereinzelt auch auf Pollen angewiesen. Es zählt daher zu den wichtigsten Blütenbestäubern, während das Raupenstadium als Zersetzer von Bedeutung ist. Alle Stadien sind aber auch eine wichtige Nahrungsquelle für zahllose andere Tiere wie insektenfressende Vögel, Amphibien und Reptilien sowie Fledermäuse.
Die Abhängigkeit von speziellen Futterpflanzen und Lebensraumtypen trägt wesentlich zur Gefährdung vieler Schmetterlinge bei, macht sie aber auch gleichzeitig zu hervorragenden Zeigerarten (Bioindikatoren). Vor allem Tagfalter werden daher oft in Naturschutzverfahren herangezogen. Trotz dieser Bedeutung und einer langen Forschungstradition ist der faunistische und taxonomische Bearbeitungsstand der Schmetterlinge schon auf Grund der enormen Artenfülle lückenhaft. Jedes Jahr werden neue Arten beschrieben und die Entwicklungsstadien zahlreicher Arten sind selbst Experten unbekannt. Durch DNA-Barcodes aus verschiedenen Regionen der Welt wird erstmals eine rasche Abgrenzung von neuen Arten möglich. Dies ist vor allem für die unterschiedlichen Regionen Österreichs spannend, da durch die komplexe eiszeitliche Geschichte mit bisher übersehenen Arten zu rechnen ist, die mittels DNA-Barcoding identifiziert werden können.
Das ABOL Pilotprojekt Schmetterlinge hatte zum Ziel, die bestehende Bestrebungen der Tiroler Landesmuseen, langfristig von 85% der bundesweit vorkommenden Schmetterlingsarten Barcodes zu erstellen, weiter voran zu treiben. Im Zuge des Projekts konnten 3041 COI-Sequenzen von 1676 Arten aus 65 Familien erstellt werden. Hervorzuheben ist hierbei der ausgesprochen hohe Sequenziererfolg von 96,8%, der auf den Einsatz von überwiegend rezent gesammelten Proben zurück zu führen ist. Ein Hauptaugenmerk lag auf den Noctuoiden, wobei 727 Barcodes von 450 der 685 in Österreich vorkommenden Arten erstellt werden konnten. Zusammen mit Daten aus anderen Projekten standen am Ende des Pilotprojekts über 10.000 Sequenzen von knapp 2800 Schmetterlingsarten, unter anderem 200 der 209 Tagfalterarten, auf BOLD zur Verfügung. Im Zuge des Projekts konnte erstmals Elachista deriventa (Fund im Brandenbergtal, Tirol) für Österreich und Mitteleuropa nachgewiesenen werden, die mittels Barcoding topotypischen Exemplaren aus Finnland zugeordnet werden konnte. Auch bei den Nachweisen von Chrysoclista abchasica, Xestia viridescens und Perizoma juraolaria handelt es sich um Neufunde für Österreich. Hinzu kommen zahlreiche Erstnachweise von Arten für einzelne Bundesländer, beispielsweise etwa 41 Neufunde aus Nordtirol. Die erzielten Sequenzen konnten auch mehrfach zur Abgrenzung von neuen Taxa aus anderen Gebieten des Alpenraumes verwendet werden und zeigen die Bedeutung nationaler Datenbestände für die internationale Scientific Community.
Das Barcoding von Österreichs Schmetterlingen wird an den Tiroler Landesmuseen in diversen Projekten fortgeführt und lässt noch weitere Erstnachweise von Arten für Österreich erwarten.
Projektleitung
Dr. Peter Huemer
Landesmuseen Tirol
Team
Dr. Christian Wieser
Landesmuseum Kärnten
Benjamin Wiesmair, MA
Landesmuseen Tirol
Mag. Peter Buchner
Projektstatus: beendet