Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere bilden das Taxon der Wirbeltiere. Unterschiedlichste klimatische und hydrologische Gegebenheiten bedingen eine hohe Vielfalt an Lebensräumen und dadurch auch eine vergleichsweise hohe Diversität an Wirbeltieren in Österreich. Laut der Roten Liste kommen hierzulande 460 Wirbeltierarten vor (84 Fische, 20 Amphibien, 14 Reptilien, 241 (Brut-)Vögel, 101 Säugetiere), von denen leider ca. 10% vom Aussterben bedroht sind und eine weitere große Zahl zumindest als potentiell gefährdet anzusehen ist. Sieben Arten (6 Fische, 1 Säugetier) sind Endemiten und kommen somit nur in Österreich vor.
Wirbeltiere sind sicher die auch Laien am besten bekannten Tiere der einheimischen Fauna; von den Wirbellosen erfreuen sich allenfalls Schmetterlinge ähnlicher Beliebtheit. Sie eignen sich daher hervorragend als Zugpferde für den Naturschutz, da in ihrem Lebensraum zugleich eine Unzahl an Wirbellosen, Pflanzen und Pilze vorkommt, die vom Wirbeltierschutz profitieren. Obwohl Wirbeltiere auch die am besten untersuchten Tiere sind, gibt es immer wieder überraschende Ergebnisse, sogar in der Taxonomie, wenn sich etwa herausstellt, dass eine Art in Wirklichkeit Individuen zweier oder mehrerer Arten (sog. kryptischer Arten) umfasst. Einen ersten entscheidenden Hinweis auf diese versteckte Biodiversität kann Barcoding liefern. Durch ein flächendeckendes Screening mit Barcoding-Methoden können so neue Forschungsfragen generiert werden, deren Bearbeitung dann wiederum neue und tiefere Erkenntnisse über die einheimische Faunenvielfalt verspricht.
Ziel des Pilotprojekts ABOL Wirbeltiere unter der Federführung des Instituts für Zoologie der Karl-Franzens-Universität in Graz (in Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum Wien und anderen Institutionen landesweit) war es, zu ermitteln, von welchen Wirbeltierarten bereits Barcodes auf BOLD und was an potentiell Barcoding-tauglichem Wirbeltiermaterial an den österreichischen Museen vorhanden ist und Barcodes von ausgewählten Wirbeltiergruppen zu erstellen. Vor Projektbeginn waren lediglich 168 Sequenzen von 34 Wirbeltierarten auf BOLD vorhanden. Mit Hilfe eines im Rahmen des Projekts entwickelten und etablierten Primersets, das auch das Bearbeiten von altem Museumsmaterial mit degenerierter DNA erlaubt, konnten insgesamt 919 COI-Barcodes von 198 Arten (Fische & Neunaugen: 511 Barcodes/62 Arten; Amphibien: 77/20; Reptilien: 62/14; Vögel: 83/51; Säugetiere: 186/51) generiert werden, wodurch z.B. Barcodes von allen heimischen Reptilienarten vorhanden sind. Für die genauere Untersuchung der taxonomischen Situation und genetischen Struktur der heimischen Gründlinge wurden außerdem 77 D-Loop und 109 RPS7-Sequenzen erstellt. Dabei konnte eine neue, bisher unbekannte, endemische Reliktart in der Oberen Mur entdeckt werden. Dies war in Österreich so nicht zu erwarten, zeigt aber den Mangel an Wissen über die heimischen Gründlinge auf.
Das Barcoding von heimischen Wirbeltieren wird im Rahmen des Projekts HRSM fortgeführt. Alle gewonnen Barcodes werden in Zukunft auf BOLD zur Verfügung stehen.
Projektleitung
Dr. Stephan Koblmüller
Karl-Franzens-Universität Graz
Team
Dr. Sylvia Schäffer
Karl-Franzens-Universität Graz
Mag. Wolfgang Gessl
Karl-Franzens-Universität Graz
Daniel Daill
Karl-Franzens-Universität Graz
Lukas Zangl
Karl-Franzens Universität Graz
Alexander Kostmann
Karl-Franzens-Universität Graz
Anna Lena Hofstätter
Karl-Franzens-Universität Graz
Projektleitung
Dr. Frank Zachos
NHM Wien